Forschungsgemeinschaft Deutsches Ahnenerbe

Die Forschungsgemeinschaft Deutsches Ahnenerbe e. V. war eine Forschungseinrichtung der SS, die am 1. Juli 1935 von Heinrich Himmler (Reichsführer SS) und dem niederländischen Privatgelehrten Herman Wirth als „ ‚Deutsches Ahnenerbe‘ Studiengesellschaft für Geistesurgeschichte e. V.“ gegründet worden war.[1] Sie firmierte ab 20. März 1937 als „Das Ahnenerbe e. V.“[2] Seit dem 17. März 1942 bestand die auch als SS-Ahnenerbe bezeichnete Gemeinschaft parallel als Amt A innerhalb des „Hauptamtes Persönlicher Stab Reichsführer-SS“.[3] Es ist nicht zu verwechseln mit der Ahnenerbe-Stiftung.[4] Diese 1937 ins Leben gerufene „gemeinnützige“ Institution hatte das Ziel, als Finanzträger der Forschungsgemeinschaft zu fungieren.

Wappen der Forschungs­gemeinschaft Deutsches Ahnenerbe

Nach außen standen archäologische, anthropologische und geschichtliche Forschungen sowie Expeditionen als Arbeitsgegenstand. Eigentlich jedoch war es ein Instrument nationalsozialistischer Kulturpolitik. Während des Zweiten Weltkrieges beteiligte sich das Ahnenerbe am systematischen Kunstraub. Seine Leitungsebene war identisch mit der aus dem Ahnenerbe hervorgegangenen „Institut für wehrwissenschaftliche Zweckforschung“, das für andere Einrichtungen wie die Luftwaffe, aber auch eigeninitiativ Menschenversuche in nationalsozialistischen Konzentrationslagern wie Natzweiler-Struthof und Dachau sowie den Außenlagern Schlachters, Forelle und Lochau durchführte. Daneben nutzte der stark an okkulten Themen interessierte Himmler das Ahnenerbe als Apparat für weitere Projekte im persönlichen Interesse.

Amtschef des Amtes A im Hauptamt Persönlicher Stab Reichsführer-SS war ab dem 17. März 1942 der Indologe und Ahnenerbe-Kurator Walther Wüst, sein Stellvertreter war der Reichsgeschäftsführer des SS-Ahnenerbes Wolfram Sievers. Ahnenerbe-Präsident Himmler war auch in dieser Konstellation formal Vorgesetzter. Über das Amt A wurden 197 von 281 angeforderten Planstellen (Stand 1943) des Ahnenerbes bezahlt, für die restlichen 84 Stellen kam Das Ahnenerbe e. V. auf.[5]

Die Organisation ermöglichte einigen ariosophisch[6]-okkultistischen Protagonisten wie Herman Wirth und Karl Maria Wiligut eine zumindest zeitweise prestigeträchtige Integration in das nationalsozialistische System. Demgegenüber wurden etliche völkische Gruppierungen verboten, einzelne Vertreter wie der Runenokkultist Friedrich Bernhard Marby wurden verhaftet oder wie Ernst Wachler zunehmend marginalisiert. Im Laufe der Zeit entwickelte sich die Einrichtung zu einem berüchtigten Dreh- und Angelpunkt für Fiktion, Pseudoarchäologie und Verschwörungstheorien.

  1. Amtsgericht Charlottenburg von Berlin, Vereinsregister, 95 VR 7996, Registerblatt. (Der Verein ist in dieser oben genannten amtlichen Schreibweise eingetragen worden. Bei Kater, Ahnenerbe, S. 11, findet sich hingegen die Schreibweise „Studiengesellschaft für Geistesurgeschichte ‚Deutsches Ahnenerbe‘ “. Diese hat sich vermutlich als Kopierfehler in der Literatur verbreitet.)
  2. Julien Reitzenstein: Das SS-Ahnenerbe und die „Straßburger Schädelsammlung“ – Fritz Bauers letzter Fall. Duncker&Humblot, Berlin 2018, ISBN 978-3-428-15313-8, S. 39.
  3. Julien Reitzenstein: Himmlers Forscher. Wehrwissenschaft und Medizinverbrechen im „Ahnenerbe“ der SS. Schöningh, Paderborn 2014, ISBN 978-3-506-76657-1, S. 34.
  4. Julien Reitzenstein: Himmlers Forscher. Wehrwissenschaft und Medizinverbrechen im „Ahnenerbe“ der SS. Schöningh, Paderborn 2014, ISBN 978-3-506-76657-1, S. 263 f.
  5. Julien Reitzenstein: Himmlers Forscher. Wehrwissenschaft und Medizinverbrechen im „Ahnenerbe“ der SS. Schöningh, Paderborn 2014, ISBN 978-3-506-76657-1, S. 267.
  6. René Gründer: Germanisches (Neu-)Heidentum in Deutschland: Entstehung, Struktur und Symbolsystem eines alternativ-religiösen Feldes. Logos, Berlin 2008.

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